AP-Logo

Texte

- Übersicht

- Alma Hoppe
- Ara-gnamme
- Aprilscherzgesetz
- a la Ballamann - nicht hier
- Alphabetisch-graph...
- BelAmi-Lied
- Bergedorf als Kanton
- Bewegungszähler
- bilingual birthday
- Bootshafensaga
- Briefmarkenmord
- Der Besuch in Berlin
- Der Flaschengeist
- Der neue Senat
- Der Schlossgeist
- Der Truthahn
- Dichtender Astronom
- Die große Flut
- Die Dankeschön-Runde
- Die Zeltdisko
- Flensburg a la dada
- Flohzirkus-Rap
- Fremdgehen
- Freundlich&Kompetent
- (P)Fundbureau
- Geographisches
- Grüner Jäger
- Haake-Meyer-Limerick
- Hafenbühne-Lied
- Hallo Nochtspeicher!
- HausBar
- Hochsommer im Herbst
- Inseln
- Jägerlatein
- Kaderschmiedes Ende
- Kaffee Stark
- Kammerspiele
- Katze
- Knust-Anagrammata
- Das Knut-Lied
- Kopf-App
- Kunstfleck
- Lady in White
- Leberwurstgambit
- Limerick
- Lübeck-Lieder
- McCain-Rap
- Metamorphosen
- Molotow goodbye
- Mühlensponsor
- Naturgesetze
- Noch so´n Ich-will-Text
- Die Ballade von Paul
- Plädoyer
- Poetry Slam
- Ponys Geburtstag
- Prämien
- Pudologie
- Regenlied
- Jetzt slammt ´s 13!
- Skrupel-Ex
- Schniedewind-Lied
- Slam08 - Reisebericht
- Slam08 - eine Bilanz
- Slamburgs 150-te
- Sonnenfinsternis
- Spitzbuben
- Sprichwortmathematik
- Springers Tour
- Tierwetterzahlen
- !Tsnuk - Kunst
- Uebel und Gefährlich
- WaschBar-Lied
- Mein Weg nach Wien
- Der Wuff-Rap
- Wutzrap
- Wutzrap07
- Zermatt
- Ziel Kiel
- Zollenspieker

- Eichelkaffee
- Erfinder
- Earl Grey
- Hat das AT recht?
- Spitzelgeschichte
- Kritik eines Verlegers

Anfang     Texte     Bücher     Referenzen     Medien     Kontakt    Impressum  

Dieser Text wurde am 16.11. 2007 anlässlich des letzten Slams vor Antritt einer längeren Auslandsreise von Bea, einer der besten Slam-Autorin Hamburgs von mir vorgetragen - meine Vorliebe für "leichte Übertreibungen" sollte natürlich vor der Lektüre zur Kenntnis genommen werden.

Die große Flut

Vorbemerkung: Eine Vorbemerkung zu diesem Werk wäre für das Verständnis zwar dringend nötig, würde aber die Pointe des gesamten Textes schon in den ersten Sätzen offen legen - und das wäre langweilig. Ich verzichte darum auf eine solche, womit aber nicht gesagt ist, dass in jedem Fall unverständlich gleich interessant ist. Doch nun fange ich einfach mal an.

Und so begann es vor zwei Wochen:

Tropfen tröpfeln aus vielen Wohnungen - so als ob in vielen Häusern zugleich zu nass die Wohnungen gereinigt würden. Dann intensiviert sich das Tropfen, als ob Dutzende laufender Waschmaschinen unbeaufsichtigt ausliefen.

Wasser dringt aus allen Ritzen vieler Häuser, dringt aus den Häusern heraus, in andere Häuser hinein und dringt überhaupt überall hin und ein und aus und durch. Erklärlich ist das Phänomen nicht: Es gab keine extreme Sturmflut, der Himmel ist heiter, es gibt keinen Dauerregen - und selbst der für sonst alle Erklärungen nützliche Klimawandel taugt diesmal nicht als willkommene Universal-Ursache. Selbst alle Waschmaschinen Hamburgs funktionieren einwandfrei.

"Die Ursache der aquatischen Anomalie, die unsere Heimatstadt heimsucht, ist noch nicht zweifelsfrei geklärt", meint ein Experte vom Wetterdienst im festen Glauben, ein prägnanter neu geschaffener Terminus technicus wie eben genannter könnte vielleicht etwas zur Lösung des Problems beitragen. "Wir können darum auch keine wirksamen Gegenmaßnahmen ergreifen. Aber wir werden den Krisenstab immer über unsere Fortschritte informieren", setzt er die Rede fort, was zweifellos Hausbewohnern, denen das Wasser buchstäblich bis zum Hals steht, enorm Mut macht, denn diese wissen ja nicht, dass der Krisenstab angesichts immer stärker anschwellenden Wellengangs auch ganz schön ratlos aus der Wäsche schaut, was man hinter den geschlossenen Türen des Krisenstab-Tagungsraums aber kaum mitkriegt.

Während weiter gerätselt wird, werden aus Rinnsalen Bäche, aus Bächen Flüsse und aus Flüssen Ströme von Wasser, das sich trotz seiner unklaren Herkunft zu Seen vereinigt.

Merkwürdig, dass sich in der Bevölkerung keine Panik breit macht, sondern eher Lethargie, die ebenso rätselhaft ist, wie die Quelle des überschüssigen Wassers, denke ich, als mich in mein Boot schwinge und langsam dem Schulterblatt nähere, der mittlerweile große Ähnlichkeit mit Venedigs Canale Grande aufweist. Sollte vielleicht zwischen Apathie und Flut ein Zusammenhang bestehen, wie es Parapsychologe Emil Fantax behauptet? Aber nein - dann wären wir ja diejenigen, die das Wetter machen, und nach seiner Logik herrschte ja sonst im aktiven, turbulenten und pulsierenden Hamburg eine äußerst staubige, wenn auch wirtschaftsdynamische Wüstentrockenheit - und allgemeine Erfahrungen mit dem unnachahmlichen, echten, soliden Hamburger Schmuddelwetter widerlegen solch abstruse Theorien aufs Entschiedenste.

Ein Glück ist es auch, dass der Pony-Slam noch nicht überschwemmt ist, sage ich mir, als ich diesen Saal hier in 73 betrete.

Doch da - plötzlich wird mir die Ursache der rätselhaften Flut auf einen Schlag klar. Ist das Wasser, das uns alle da so überflutet, nicht auffällig salzhaltig? Und befand sich zu Slam-Zeiten dort auf dem Sofa nicht immer Hans - das treue Quietscheentchen unserer besten Autorin, der Pfauenfrau, die den Goldmund besang, der Meisterin der lebenden Worte, die sich nur mit Bewerbungen schwer tut? 1) Heute fehlt es.

Und ich weiß mit jeder Zelle meines Gehirns, was das Flutwasser ist - und aufmerksamen Hörern dürfte es ebenso klar sein: Es sind die Tränen der Hamburger Slambewegten und vieler anderer, die sich in einem feuchten Alptraum wähnen, Tränen, die vergossen wurden, weil - ja

WEIL UNS BEA VERLÄSST!

Wie ich nun schluchzend meinen Vortrag beende, wird mir klar, dass ich somit Hamburgs Schicksal des Ertrinkens im Tränenmeer wohl besiegelt habe, denn nun wissen es alle.

Nachbemerkung als Vorbemerkung zum Epilog: Ich wollte eigentlich eine todtraurige Geschichte schreiben, aber wie immer: das ganze ist mir wieder einmal gründlich verunfugt. Und ich befürchte, mein Epilog in Gedichtform macht es auch nicht besser. Aber es hilft vielleicht, dass ich nicht schwimmend die Bühne verlassen muss.

Epilog

In Hamburg hört man laut Geschnief
und unsre Stimmung ist im Tief
denn heute ist kein Freudenfest,
- Weil Bea uns verlässt.

Vor Schreck sind schon die Bäume kahl,
Novembernebel wallen fahl,
es klagt der Wind aus Ost und West,
- dass Bea uns verlässt.

Ich wünsch dir für die Reise Glück
komm bitte mal zu uns zurück
- was du auch führst im Schilde -
in unsere Gefilde.


1) Anspielung auf einige von Bea verfassten Texte :"Hans", Siegertext vom Poetry Slam Oktober 2007 (Zeisehallen) sowie zwei am 16.11. vorgetragene Texte (spontan ergänzt)